kosmopolitbüro

kosmopolitbureau@gmx.net

Flugblätter und Broschüren

Intifada an der Uni

"Wollen Sie damit etwa sagen, die Selbstmordattentate seien nicht gerechtfertigt?" empörte sich ein vor Vernichtungswahn schäumender Antisemit in dem Seminar Der Nahostkonflikt und die sozialistische Internationale, das im vorletzten Semester von Maria Sporrer angeboten wurde. Auf so etwas hätte man hierzulande, wo die antisemitische Wut auf den jüdischen Staat zum guten Ton gehört, eigentlich gefaßt sein müssen. Als derselbe Feind Israels jedoch den Seminarraum mit Palästinafahnen tapezierte und in der Verkleidung als friedensnobelpreistragender Massenmordpropagandist, als Arafat nämlich, erschien, zum Fernseher marschierte und erst einmal ein Al Dschazeera Propaganda-Video zum Besten gab, weil es ihm gestattet wurde, eine Sitzung inhaltlich vorzubereiten, mußte auch dem letzten klar sein, worum es hier ging: Identifikation mit den palästinensischen Mörderbanden.

Auch im letzten Semester konnte Frau Sporrer ein solches Seminar anbieten: "Israel - Staat und Gesellschaft" lautete der unverfängliche Titel, und der Beifall ließ natürlich nicht auf sich warten: "Dieses Proseminar, geführt von Maria Sporrer, unterscheidet sich von anderen. Das liegt sicherlich an der Aktualität und Brisanz des behandelten Themas", schreibt die Fachschaftspostille G-Gänger. Der Artikel behauptet, "klare Fakten" seien "durchaus interpretierbar", und läßt den deutschen Träumen von einer Welt ohne den Staat der Juden freien Lauf, indem er die antisemitische Argumentation als Frage verkleidet: "War die Ausrufung des Staates Israel ein Ausdruck von Machtpolitik oder ein völkerrechtlich rechtmäßiger Vorgang? Offenbart der Kampf der Palästinenser gegen den israelischen Staat einen Aufstand gegen eine Besatzungsmacht oder unbegründeten Terrorismus?" Könnte es sein, daß der Staat Israel unrechtmäßig ist und weg muß? Ist der antijüdische Krieg vielleicht doch etwas Gutes? - Wer sich mit solchen Fragen quält, ist in Frau Sporrers Seminar gut aufgehoben.

Bereits der Seminarplan versprach dem deutschen Studenten, was er sich aus tiefstem Herzen wünscht: sein Ressentiment auch auf universitärer Ebene auszuagieren. Besonders hob Frau Sporrer eine Sitzung im Dezember hervor, auf welcher "Texte zur Shoah" verlesen werden sollten, oder, wie es im Seminarordner ursprünglich heißen sollte: "jüdische Texte (...), von jüdischen Menschen (...), jüdische Texte." Als Frau Sporrer ihr Vorhaben mit den Worten "das schöne [sic!] Gedicht von Paul Celan sollte auf jedem Fall dabei sein" unterbreitete, wurde deutlich, daß sie auch gegenüber den Texten von Überlebenden um keine Schmähung verlegen ist. Die Todesfuge, über die sie sprach, galt im Deutschland der fünfziger Jahre tatsächlich als der Inbegriff des schönen Gedichtes: selbst Auschwitz, schwadronierten die deutschen Rezensenten, könne im Glanz des Schönen erscheinen, und identifizierten sich mit der "Bewältigung" und "Entlastung", die sie in der Todesfuge sahen. Paul Celan, der die Vorgänge in Deutschland sehr genau beobachtete, war entsetzt über diese Lesart seines Gedichtes und zog schweren Herzens seine Konsequenzen: "Auch musiziere ich nicht mehr, wie zur Zeit der vielbeschworenen Todesfuge, die nachgerade schon lesebuchreif gedroschen ist. Jetzt scheide ich streng zwischen Lyrik und Tonkunst."

Als ob es der Beleidigung nicht genug wäre, wurde der Vorschlag, "das Ganze mal aus Täterperspektive zu beleuchten", mit lieblichem Lächeln begrüßt. "Ich habe da Aufnahmen vom Nürnberger Prozeß, auf denen man hört, wie Keitel weint, weil er nicht glauben konnte, was die Nazis gemacht haben", präzisierte der Student sein Anliegen und stieß bei Maria Sporrer auf Begeisterung. "Dann haben wir ja auch ein bissel Vielfalt drinne...", gab sie dem Nazi-Studenten als Antwort und tat so, als merkte sie nicht, daß es ziemlich schwierig ist, die üblichen "davon-haben-wir-nichts-gewußt"-Lügen des Nazischlächters Keitel in die Rubrik "jüdische Texte (...), von jüdischen Menschen (...), jüdische Texte" zu sortieren.

Als ein Seminarteilnehmer dann Der Ehrbare Antisemitismus von Jean Améry verlas und die Fahne des jüdischen Staates auf eine Leinwand projizierte, fühlte sich Frau Sporrer persönlich angegriffen - und das sollte sie auch, denn die Kritik Amérys entlarvt gerade solche Gestalten wie Maria Sporrer. Kein Wunder also, daß sie mit dem Hinweis, Jean Améry ebenfalls gelesen zu haben, den Text kurz vor seinem Ende abbrach und als Begründung die mangelnde Zeit vorschob. Schließlich sollte ja noch ein Nazimörder zu Wort kommen, wofür glücklicherweise tatsächlich keine Zeit mehr blieb. Weil es verweigert wurde, Jean Amérys Text zuzuhören, sei er in dieser Broschüre noch einmal als Ganzes abgedruckt (siehe S. 7/8).

Im Januar hat Frau Sporrer dann das Thema "Der Palästinensische Befreiungskampf [!]. Die Fatah, die PLO, die Hamas" behandelt. Der antijüdische Krieg palästinensischer Mörderbanden wird zum "Befreiungskampf" mystifiziert, um die vermeintlichen "Verbrechen" Israels, wie zum Beispiel "die Ungleichbehandlung der israelischen Araber", welche bereits im Dezember diskutiert werden sollte, einmal mehr in den Mittelpunkt zu stellen. Indem Frau Sporrer sich auf dem Seminarplan die Frage stellt, ob diese "Ungleichbehandlung" die "Minimierung eines Sicherheitsrisikos oder Demokratiedefizit" sei, wird die Antwort gleich mitgeliefert. Daß dieses "Demokratiedefizit" vor allem darin besteht, daß potentielle Attentäter nicht in die israelischen Verteidigungskräfte aufgenommen werden, es also weder ein vermeintlich rassistisches Wesen der Juden ist, sondern politische Gründe, welche diese Ungleichbehandlung bedingen, spielt im Endeffekt keine Rolle mehr.

Mit diesem Konzept werden antisemitische Wahnvorstellungen diskutierbar gemacht, und so ist es auch kein Wunder, daß Frau Sporrers Publikum ständig interessierte Fragen stellt, die alte Ressentiments heraufbeschwören: einmal möchte jemand wissen, inwieweit "die Juden" denn als "Imperialisten" nach Israel gekommen seien, ein anderes Mal weiß jemand vom "imperialistischen Charakter" Israels zu berichten. Schließlich wußte man über "die Juden" immer schon zu berichten, daß sie alle reich seien, andere ausbeuten würden und die Fäden in der Hand hielten, mit denen sich das gesamte Weltgeschehen lenken ließe.

Diese analytischen Höhenflüge aus den Köpfen wahnhafter Antisemiten werden von Frau Sporrers Seminarplan bedient: im Februar wurden zwei Texte "zum Verhältnis Israel-USA" vorgestellt, in denen es unter anderem um "die Israel-Lobby in den Vereinigten Staaten" ging. Frau Sporrer legitimiert ihre Verschwörungstheorie als wissenschaftlich, indem sie nichts anderes tut als die vulgäre Ansicht, "die Juden in den USA" hätten die Macht, die Politik der Regierung zu bestimmen, mit anderen Worten zum Ausdruck zu bringen und "wissenschaftlich" zu unterfüttern. Entsprechend führte das oben bereits erwähnte Arafat-Double im letzten Semester "die Rothschilds und die reichen Juden in den USA" als Grund dafür an, daß die UNO gegen die angeblichen Machenschaften des jüdischen Staates machtlos sei.

Solchen Leuten redet Frau Sporrer nach dem Mund, und deren antisemitischer Schrott ist ihr einer Diskussion eben so würdig wie alles andere: wenn auf den Antisemitismus des Mufti von Jerusalem hingewiesen wird, kann sie es genauso eingemeinden - oder je nachdem überhören - wie die Frage nach dem "imperialistischen" Charakter der Juden.

Aber gerade dort, wo Fakten benannt werden, die den falschen Pluralismus entlarven, wird dieses Konzept zwangsläufig durchbrochen. Wenn zum Beispiel ein Seminarteilnehmer von einem antisemitischen Impuls überwältigt wurde, gegen Ende der Sitzung noch einmal "eine Kritik an der Gesellschaft in Israel" zu formulieren und voller Zufriedenheit kundtat: "dort sind Palästinenser nur Staatsbürger zweiter Klasse", wirft Frau Sporrer ihrem Schützling ein zärtliches Lächeln zu. Wird im Anschluß daran jedoch auf den Zustand in den palästinensischen Gebieten hingewiesen - "wenn man dort schwul ist oder des Ehebruchs bezichtigt wird, wird man gesteinigt" - wird der Beitrag als "polemisch", "undifferenziert" und "einseitig" gegeißelt. Genau hier zeigt sich dann, was dieser Pluralismus eigentlich ist: Fassade für den offenen Haß auf den jüdischen Staat.

Diese "Diskussion" über das hierzulande übliche antisemitische Ressentiment und seine damit verbundene Bestätigung gilt es zu denunzieren.

Der Kampf gegen antisemitisches Denken verlangt es, schonungslos vor Augen zu führen, daß sein Inhalt der Mord ist. Auf das antisemitische Argument beschwichtigend einzugehen, ist gerade deshalb ein Fehler, weil es somit zu einem diskutierbaren geadelt wird.

Es sei deshalb an dieser Stelle dazu aufgerufen, das Seminar "Israel und Palästina. Der Status quo", welches Maria Sporrer im kommenden Semester anbieten wird, zu stören, wo es nur geht: Der faule Frieden, hinter dem sich der heimlich und doch ganz offen vollzogene Schulterschluß mit den palästinensischen Mördern verbirgt, verdient es, in seiner ganzen Widerwärtigkeit vorgeführt zu werden. Es gilt deshalb, Frau Sporrer und den anderen Feinden Israels so lange auf den Nerven herumzutrampeln, bis sie blank liegen. (1)

(tc)

Das Seminar findet Freitags von 9-11 Uhr in Hörsaal 116 statt.

(1) Diesen Satz nehmen wir zurück, da Maria Sporrer ihn leider dahingehend verstanden hat, daß wir sie körperlich schädigen wollten. So war er aber natürlich nicht zu verstehen, wie die folgende Stelle aus PONS Deutsche Idiomatik. Die deutschen Redewendungen im Kontext (von Prof. Dr. Hans Schemann) zeigt:

"Auf js. Nerven herumtrampeln" (In einem städtischen Amt:) Heute sollen wir die Bestimmungen ganz scharf anwenden, morgen die eine scharf und die andere gar nicht, übermorgen gibt es wieder neue Bestimmungen; das ist doch zum Auswachsen! Wenn die absolut auf anderleuts Nerven herumtrampeln wollen, dann sollen die das tun - aber nicht auf meinen!"


[Nach oben]
[Zur Startseite]
[Nächste Seite]
Letzte Änderung dieser Seite am 10.09.2003 um 18:02 Uhr, 1599 Seitenzugriffe seit 09.06.2003.
Der presserechtlich für diese Web-Veröffentlichung gemäß deutschem Recht verantwortliche ist nicht Mitglied der Gruppe "Kosmopolitbüro"